Cheer Trust
CHEER
2015 gründete Nandhini in Chennai den CHEER Trust (CT). CHEER steht für Center for Health, Empowerment, Education and Research.
Dieses Zentrum ist der neue Dreh- und Angelpunkt aller Projekte. Hier finden vielfältigste Bildungsprojekte statt und es ist Anlaufstelle für viele Menschen mit den unterschiedlichsten Anliegen.
Hier treffen sich regelmäßig die Mitglieder der WE-Group (WE = with Education).
Fr John Suresh, katholischer Priester, Dalit-Aktivist, ehemaliger Schulleiter der Dr Arulappa Hr Sec School und Gründer des St John’s Wohnheims in Neerpair, hat schon früh erkannt, dass es nicht damit getan ist, den Kindern und Jugendlichen einen Schulabschluss an der Dr Arulappa Hr Sec School (AHSS) zu ermöglichen. Dies ist nur ein erster Schritt in ein selbstbestimmtes Leben. Aber danach muss es weitergehen: eine Ausbildung oder sogar ein Studium – Ziele, die für Kinder aus einer armen Landarbeiterfamilie im abgeschiedenen Neerpair häufig nur Träume sind. Daher hat Fr Suresh die WE-Group gegründet, in der er ehemalige Absolventen der AHHS weiter begleitet. Er hat zusammen mit Nandhini die jungen Leute in diversen Colleges der Umgebung untergebracht und mit den Eltern gesprochen. Für viele Eltern – selbst meist Analphabeten – ist es unvorstellbar, wie ihre Kinder Ausbildung und Studium schaffen sollen, da sie sie dabei weder finanziell noch intellektuell unterstützen können. Fr Suresh hat über den Verein Aktion Indien Unterstützer gefunden, die mit 15 € pro Monat die Collegegebühren (teil-)finanzieren und sich an den Wohnkosten beteiligen. Ein wichtiges Prinzip ist es, dass die Familien, soweit möglich, auch einen Teil der Kosten übernehmen, damit sie auch stolz auf das Erreichte sein können. Die WE-Group bildet ein wichtiges Netzwerk. Die so geförderten Studenten treffen sich mindestens zwei Mal im Jahr im CHEER. Dort tauschen sie sich aus, bestärken sich gegenseitig und pflegen Kontakte. Oft ist es nicht einfach, fern von der Familie und in Konkurrenz mit weltgewandteren Stadt-Schülern am College zu bestehen.
Nandhini Krishnan Father Suresh Lehreraustausch 2018
Fr Suresh und Nandhini stehen den jungen Leuten mit Rat und Tat zur Seite und unterstützen sie als wichtigste Bezugspersonen, auch wenn es mal Schwierigkeiten im Studium geben sollte. Zur Stärkung der persönlichen Entwicklung veranstalten Nandhini und Fr Suresh verschiedenste Workshops im CHEER. Hier kann Fr Suresh mit seiner Leidenschaft, dem Theater, viel bewirken. Es finden auch Vorträge mit interessanten Persönlichkeiten und vieles mehr statt.
Die Arbeit zeigt große Erfolge. Viele der Schützlinge haben erfolgreich ihr Studieum abgeschlossen und arbeiten in gesicherten Berufen als Krankenschwester, Koch, Lehrer, … .
Sogar ein Staatsanwalt, Zahnarzt und Mathematikprofessor sind aus der Gruppe hervorgegangen. Diese jungen Menschen kümmern sich nun um ihre Familien und insbesondere um die Ausbildung ihrer jüngeren Geschwister. Sie dienen auch den nachfolgenden Studenten als Vorbilder, was ein nicht zu unterschätzender Faktor ist. Zudem zahlen viele der Absolventen kleine Geldbeträge in eine Kasse ein, aus der zum einen die Treffen der WE-Group finanziert werden, mit denen aber auch zukünftig die Ausbildung weiterer Schüler finanziert werden soll.
CHEER ist auch zur Anlaufstelle für Menschen in Not, besonders für Frauen, geworden. Frau werden häufig als Menschen zweiter Klasse ohne Rechte behandelt. Immer wieder kommt es zu häuslicher Gewalt, was gleichzeitig ein großes Tabu-Thema in Indien ist. Nandhini und Fr Suresh setzen sich dagegen ein. Sie unterstützen und ermutigen die Frauen. Sie beraten sie und begleiten sie zu Anlaufstellen, wo sie Hilfe finden. Sie vermitteln ggf. auch einen Anwalt und begleiten sie auf diesem Weg.
Ein großes Problem ist es, dass viele Menschen, die aus einfachen Verhältnissen stammen, insbesondere auch viele Frauen, gar nicht wissen, welche Rechte ihnen eigentlich zustehen.
Um auf das Thema „Rechte“ aufmerksam zu machen, haben Nandhini und Fr Suresh im vergangenen Jahr 2019 verschiedene Veranstaltungen im CHEER abgehalten. So gab es Infoseminar speziell für Frauen über die ihnen zustehenden Rechte, aber auch workshops für Studenten und Seminare mit verschiedenen Aktivisten oder Rechtsanwälten.
Einmal pro Woche kommt ein befreundeter Aryuveda-Arzt in des Zentrum und bietet für sehr geringes Geld eine Sprechstunde für die Bevölkerung in der Nachbarschaft an. In dem Garten rund um das CHEER werden von Nandhini viele Heilpflanzen angebaut. Auf dem benachbarten kleinen Feld wird Gemüse in Bio-Qualität angebaut und an die Nachbarschaft verkauft oder zur Versorgung der Mitarbeiter im CHEER verwendet.
Seit 22 Jahren hat Fr Suresh ein „Cultural-Team“ mit Namen Adavu aufgebaut. Die Wurzeln liegen in seiner Zeit als Schulleiter in Neerpair. Dort hat er mit Schülerinnen und Schülern traditionelle Tänze einstudiert und aufgeführt. Auch in den ländlichen Gebieten ist die Jugend begeistert von „Bollywood“ mit seiner Musik und seinen Tänzen. Die traditionellen Tänze und Musikformen der Dalits drohen dadurch vollständig in Vergessenheit zu geraten.
Als Dalits werden die Kastenlosen bezeichnet, Menschen auf der der untersten sozialen Stufe. Obwohl das Kastenwesen in Indien seit Jahrzehnten abgeschafft ist, bestimmt es nach wie vor den Alltag besonders der ländlichen Bevölkerung. Dalits werden vielfach von den Menschen höherer Kasten verächtlich behandelt und als minderwertig angesehen. Dieses lassen sie die Dalits auch deutlich spüren. Fr Suresh setzt sich seit vielen Jahren mit seiner ganz en Kraft dagegen ein und kämpft für Gerechtigkeit. Daher hat er auch die Cultural-Group gegründet, um das reiche Erbe an Tänzen und Musik der Dalits zu bewahren und den Kindern und Jugendlichen zu zeigen, dass sie stolz auf ihr kulturelles Erbe sein können.
Eine spezielle Form sind die Parai-Tänze. Parai sind besondere Trommeln. Die Musik zu den Tänzen wird nur durch verschiedenste Trommeln erzeugt. Die Musik ist sehr laut, kraftvoll und ursprünglich. Es ist eine besondere Kunst diese Trommeln spielen zu können. Fr Suresh hat es dabei zu besonderer Meisterschaft gebracht. Er gilt als ausgewiesener Experte und wird von verschiedenen Uni-Professoren, auch aus dem Ausland, zu diesem Thema kontaktiert. Sein Wissen gibt er auch an die Mitglieder der Cultural-Group weiter. Mit ihnen fährt er in die Dörfer und lässt sich von der Bevölkerung ihre Tänze und Musik zeigen. Die Mitglieder der Cultural-Group lernen die Tänze und führen sie auch auf.
So sollen die Musik und die Tänze bewahrt werden und gleichzeitig den Menschen ein Bewusstsein für die Schönheit und den Wert ihres kulturellen Erbes geben werden.
Fr Suresh und sein Team werden inzwischen auch für besondere Veranstaltungen gebucht, insbesondere, wenn es um die Rechte und Anliegen der Dalits geht. Das Team trifft sich und probt regelmäßig im CHEER.
Ein weiterer Baustein ist das Theater, die große Leidenschaft von Fr Suresh. Durch das Theater können die Menschen in Rollen schlüpfen, die ihnen sonst nicht zustehen. Sie können sich ausprobieren und neu erfahren. Fr Suresh hat damit bereits nach dem Tsunami angefangen, um so den Menschen und insbesondere den Kindern eine Möglichkeit zu geben, ihr Trauma zu verarbeiten. Durch das Theater schafft er Zugänge zu Menschen, die sich sonst nicht öffnen können. Kinder und Jugendlichen finden neues Selbstvertrauen, Frauen können ihre Erfahrungen thematisieren. Fr Suresh nutzt das Theater auch, um Bewusstsein über ungerechte Strukturen zu schaffen und Möglichkeiten zu ihrer Überwindung aufzuzeigen. Regelmäßig finden unter seiner Leitung verschiedenste Theaterworkshops im CHEER statt.
Die Räume im CHEER werden teilweise von Firmen aus der Umgebung für Seminare gebucht. Es gibt auch ein paar kleine Gästezimmer, in denen auch einige von uns auf unserer letzten Besuchsreise 2018 genächtigt haben. Das CHEER machte auch uns einen besonders lebendigen und freundlichen Eindruck. Ein Zentrum, in dem man sich gut aufgehoben und willkommen fühlt.